Birds 2013

Birds 2013
smatritje neba

29.12.15

Peinliches

Peinlich berührt siehst Du weg.
Ich mache Dir keinen Vorwurf,

wollte auch nicht eindringen
in die Wunde des Trauernden.

Aber glaube mir:
In den Tränen, die in die Falten der Trauer rinnen,
leuchten die schönsten und die kräftigeren Erinnerungen
der Welt unter dem Regenbogen.

Und sieh, es leuchten die Spuren der Tränen,
es leuchtet aus den Falten der Trauernden.

Und welches Glück der Unendlichkeit:
Das Fenster Leben geht auch
auf  in den Horizont Erinnerung

8.12.15

Five oder Schlehen



15.11.15

Baum

Er betrachtet seine Seele. Er reinigt das leere Marmeladenglas von Leimresten. Das Durchsichtige, es verführt den Blick in fernere Tiefen. Was ist hinter dem Horizont an Welt? Bist Du dort in den Fernen von Raum, Zeit und Selbstverständnis nicht auch auf der Suche nach dem Wort aus dem Frieden?

Gewiß, es ist still.

Er geht hinaus in den Garten. Der Riß im Baumstamm ist noch deutlich zu sehen, geht tief bis an den Beginn der Wurzel. Atahualpa singt: mit schmerzender Wurzel breche ich in Blüten aus. Oben hat er ihn verbunden, unten fließt und heilt das Blut der Erinnerung. Harz und Herz haben sie nicht den gleichen Wort-Ursprung?

Tränen schießen ihm in die Augen. Sie fließen über die Wunde und heilen schmerzend den Schmerz.

Die Sonne bricht durch die Wolken. Für einen Augenblick leuchten die eingewehten, schon ausgetrockneten Blätter auf in gelbem Herbst. Ah, plötzliches aufgeregtes Zwitschern von Spatzen. Hinten auf der Straße der Nachbar. Man wird einander von Tisch zu Tisch grüßen. Auch ihm ist ein Verlust durch die Sehnsucht gefahren.

Aber es war richtig und gut und Glück. Es wird wohl nicht wiederkommen. Die Sehnsucht hat einen Riß bis zum Beginn ihrer Wurzel. Jetzt wohnt er weit draußen in einem anderen Haus, in einem anderen Land. Aber es war richtig und gut und Glück. Die Liebe hat ihren heilenden Verband um die Sehnsucht gelegt, Erinnerung blutet ihr Harz in die Wunde.

Irgendwo bricht Licht aus Wolken. Er drückt den Rest der Zigarre aus und geht hinein, sich umzuziehen, um zu gehen. Er muss unter Menschen, manchmal gibt es Kultur. Vorher aber liest er noch einen Absatz aus Virginia Wellen.

Der Baum bereitet sich auf den Winter vor, verwandelt Alkohol in Zucker. Wer wüsste , dass es wieder Frühling wird, gäbe es den Menschen nicht?

15.11.2015

3.11.15

Grauwacke

Ein Brocken Grauwacke liegt auf dem Weg. Wenn Du ihn zerschlägst, wirst Du ein Farben schillerndes, schön geformtes Inneres entdecken. Wie die ungezählten anderen Steine und Brocken vor und hinter Dir ist auch er aus dem Felsmassiv der Zeit gebrochen und auf den Weg gefallen, der Dich nun schon einige Jahre durch Hoffnungen und Befürchtungen zieht.

Tausende und mehr sind an dieser Stelle vorbeigekommen ohne sich nach diesem Stück Wertlosigkeit zu bücken. In Dir war die Neugier noch nicht erloschen oder wieder aufgeflackert. Auch ich gehe und bücke mich manchmal nach manchem Stein, als sei das Glück darin verborgen. Manchmal begegnen wir, manchmal erkennen wir einander für einen durch die Erinnerung blitzenden Augenblick. Dann gehen wir wieder eigenes Leben.

Ich wünschte, ich hätte das meine so bunt beschrieben, wie ich es erfuhr, erwünschte. Wenn ich nicht mehr bin, hoffe ich, dass mein Erbe so ein Stein Unscheinbar sein wird. Noch im Felsengebirge, dann im Weg, dann Staub, zerfallener Kristall wie jeder.

Einfach nur leben? Einen Stein betrachten. Festigkeit und Zerfall. Das so langsame Wachsen eines Kristalls, die nicht raschere Auflösung. Einfach nur leben. Wunder genug.

Eine bekannte Stimme aus dem Hintergrund: "Der Größte willst Du nicht sein, nur der Besonderste! Wenn die Menschen Dir nicht zustimmen, wirst Du Dir zu diesem Zweck einen Gott, einen göttlichen oder heiligen Plan dazu schnitzen müssen."
Ach ja , der alte Warnix, Psychagog und VIP-Downloader!

Dr. Smirc verteidigt uns: "Natürlich habe auch ich meine Portion Größenwahn. Es gibt doch Sex.- Aber schreiben, malen, die Welt in Stoff, Farbe, Ton zu erfassen und umzugestalten, das ist doch Bedürfen von Anfang an!- Warum sollten andere die Haltung nicht auch einnehmen?

Warum ich darüber rede? Weil die Wichtigtuer von der Langeweile die Suchenden mit ihrem Lärm so verwirren, dass sie sich in den Säcken der gestiefelten Kater verlaufen und schließlich alle Hoffnung verlieren.

Bei mir findet niemand Glück oder Erlösung pp. Aber vielleicht doch - und das in jedem Fall eher als dort - die Lust wieder, Selbst zu gehen. "

Dr. Warnix zieht eine Miene der Bedenklichkeit.

1.11.2015

6.10.15

Breit aufgestellt


Die Priesterin sagt:"Du warst gemein zu mir!"
Die Frau:"Du warst gemein zu mir!"
Die Priesterin:"Aber ich sehe Dein Leiden!"
Die Frau:"Aber ich sehe Dein Leiden!"
Die Priesterin und unter Tränen die Frau:"Ich verzeihe Dir!"
Die Frau:"Ich bin erlöst!"

Alice Miller erstickt:"Du musst nicht verzeihen!"

Wie die Republik so muss auch die Person sich nach tausend Seiten verteidigen. Kaum ist die schwarze Pädagogik zurück geschlagen, laufen die Schafe der grauen Therapie zu. Und wieder gibt es Eingeweihte und Erlöste. Ein tiefes menschliches Bedürfnis nach Führung und Selbstaufgabe, nach Ganzkörpermassage und Erlöschen des Willens sucht nach seinem Guru.
Denn da ist Schmerz in Deinem Ich. Und Du willst ihn löschen, frei sein.
Du suchst Führung auf dem Weg. Am Ende wartet die Priesterin. Du hast den Schmerz durch gehorsamen Glauben ersetzt.
Der heilige Hellinger hat die Familienrekonstruktion der Virginia Satir genutzt, um seine Vorstellung von der mystischen Macht der Vorwelten an die Stelle der Wut über Deine Mütter und Väter zu setzen, einen neuen Glauben an die Stelle der persönlichen Befreiung.
Wie sagt die Priesterin? "Die Anamnese: Was wollen sie wirklich?"

Die Du die erkennende Erfahrung des Rollenspiels "Aufstellung" gemacht hast, andere Möglichkeiten der Deutung des Täterwillens, Möglichkeiten der Annäherung, gar der Berührung gesehen und über Deine seitherigen Interpretationen gelegt hast, hier endet das Recht des Begleiters. Lasse Dir keinen weiteren Rat geben. Jetzt bist Du frei, eigenen Weg zu gehen. Willst Du verzeihen? War all das, was Du gespürt hast so ganz verkehrt? "Du musst nicht verzeihen" sagt Dir die unsichere Therapie, die Schwester, die nicht Herrin sein will, nicht Priesterin.
Und willst Du wissen, gehe zu Sokrates, der dem Geheimnis nahe scheint.
Suche den Unterschied zwischen Rekonstruktion und Aufstellung der Familie, zwischen Kritik und Selbstkritik. - Wenn Du es willst.
Gott ist das Wort, nicht Priester.
20.9.15



18.9.15

New Castle on Tyne



Er sieht auf das geklöppelte Deckchen und streckt die Füße aus. Ja, er hat sein letztes Gartentürchen hinter sich zugezogen. Jetzt ist Zeit, zu sein.

Er öffnet die Botanisiertrommel. Oder steckt er seine Shag - Pfeife an, schüttet er etwas Holundersyrup in seinen Tee? Schaut er auf ihr dunkel gewordenes Bild? Sieht sie auf sein dunkel gewordenes Portrait?

Jedenfalls liegen getrocknete Rosenblätter auf dem Tisch, ist dies keine Erzählung vom Sterben.

Draußen ziehen hellgraue Wolken unter hellem Blau und über dem prächtigen Lila der Bougainvillen.

Er ißt Brombeeren. Dieses Jahr nur noch ein Viertel von den Sträuchern am Nordhang. Der Rest aus Südafrika. In diesen Beeren ist Englands Leiden eingewachsen, in denen das Südafrikas. Aber aufgebläht werden sie von den Wassern, die der Welt entzogen wurden. Es schmeckt fader als es sollte.

Aus dem Nachbargarten, hinter Eibisch und Grünheck klingen Säge-, Schleif-und Feilgeräusche hervor. Metall auf Metall. Der Sohn von Vater und Mutter der aufgemotzten Hutzelbude ist zugange. Er darf sein.

Wie so völlig ohne jede Rücksicht doch der Egoismus vor sich hin wirkt! Der alte Mann schüttelt den Kopf. Es ist doch auch Enge in der weiten Welt.

Wie gerne wüsste er doch, was sie bei ihrem Freund oder wenigstens bei ihrem Therapeuten über ihre Ehe gesagt hat! Aber würde er sie dann nicht zerstören? Das, was sie ihm war; das, was sie einander waren. Es war selbstverständlich nicht die "ganze" Person in all ihren Äußerungen und Innerlichkeiten. Aber ihm war sie dies und so und nicht anders.

Mag hinter diesem Lachen ein verborgener Vorbehalt spekuliert haben. Mag er ihm gegolten haben. Aber er gehörte dann zu all dem Unbekannten an ihr, das einen sehr großen Teil ihrer Anziehungskraft ausmachte, nicht zu dem, was ihn als Bekanntes zumeist freute. Das Leben in der dritten Dimension ist eben nur von einer Seite aus erkennbar. Die Rückseite gehört in die Vorstellung, ist Spekulation. So war May und sollte sein: Erinnerung. Nicht Berichtigung. -

Er sieht sie, er spürt ihre Haut. Er hört ihre Worte, kann sich sogar noch ihren Tonfall vergegenwärtigen. Viel von der Freude, sehr viel. Und eine Menge vom Ärger manchen Tages, nicht ganz so viel, war sie ihm gewesen. Gemeinsam waren fast alle Sorgen und die meisten Freuden. Und dennoch hatten sie viel Luft zum Atmen. Freiheit und Liebe, die mächtigen Antagonisten.

Eine Szene an einem fernen Strand. Er erinnert sich nicht so gut wie eine Fotografie an ihre Gestalt, ihre Schönheit. Beim Betrachten der Fotografie fällt ihm auf, wie wenig er damals von Schönheit wusste. Er hatte sie im Arm und -  simulierte über wichtige Wichtigkeiten des Egal, Eitelkeiten des Ich.

Und -  aber er verschwor sich einem Du.

Die Stiefel sind voll Lehm. Es ging durch Schlamm und Gräben. Er hat noch das Gelb der abgeernteten Felder und das schmutzige Gelb der abgeernteten Felder mit Sondersaaten vor Augen. Das Grau und Braun im Grün. Und das Grün im Grün. Den Regenhimmel. Wenn das nun sein Teil der Ewigkeit wäre? Er baute wieder einmal an einem Haus der Einsamkeit. - 

Immerhin :trocken und warm.
Und wenn sie wieder bei ihm einzöge?

Sie könnten einander Märchen erzählen. Denn was sind Erlebnisse anderes als Märchen?

Sie könnten zusammen aufbrechen zu den Menschen. Denn Menschen sind doch die Glücksperlen des Schicksals, sind auch einige Pestkugeln unter ihnen.

Da gibt es ein italienisches Café, in und an dem Italiener einander und begeisterten Engländern Italia profunde vorspielen. Bella, bella figura, ruft es in den Himmel des Supermarkts und drei japanische Studentinnen probieren mit verschämtem Anime-Lächeln scharfen Schnaps vom Winzertrost einer rheinischen Adipositas.

Es gibt auch Farben und Stifte.

Der Mord von  Bodom 1960: Was ist so schlimm daran, daß der Schuldige nicht gefunden wurde, es an Beweisen für den Einen oder Anderen fehlt? –

Die Angehörigen, die Lieben können über die bohrende Frage nicht zum Schmerz, zum Ich und Du kommen.

Vor dem Bahnhof Newcastle eine Demo Menschlichkeit. Junge Leute. Das Lächeln der Hoffnung und Brotherhood of Man erkennt man wieder. Die Musik versteht man nicht mehr.

Ihm wird leichter ums Herz.
*

Er erinnert sich an die Schmetterlingsbluse, bewegt aus der Hüfte, helles Weiß in der Sonne einer deutschen Spielzeugstadt. Aber in Wahrheit ist es die Zeit, was da bunt und weit vorbeizieht. Eine Frau kommt aus der Tür des Bekleidungsgeschäfts  hervor und ruft ihrem Mann, am Nebentisch des Eiscafés etwas zu, zeigt auf ihr T-shirt. Schön, wie sie froh zurückgibt, was sie als Freude empfing.

Dann sind die Eindrücke zu viel und er fällt zurück ins Dunkle. Trauer. Er kennt das inzwischen und nimmt sich vor, sich am Grund des Strudels angekommen kräftig wieder abzustoßen. Tatsächlich taucht er einige Zeit später wieder in der bunten Welt auf. Wie es vorbei zieht! Gedanken.

Aus dem Zugfenster blickend fielen ihm damals schöne Landschaften der Vorgebirge im Nachmittagslicht in die Augen. Das Plappern von Damen im hinteren Zugabteil sandte beruhigende Impulse des Harmlosen. Bevor Gedanken sich konkretisieren konnten, waren sie schon davon.

*
Am nächsten Morgen fasziniert ihn der Wellenflug der Tauben. Das Auf und Ab von Weiß und Grau im Vormittagsblau wird ihm zum Sinnbild der vom Leben bewegten Ewigkeit. Die Spur davon ist jetzt schon nur noch in seiner Erinnerung und vielleicht in der eines anderen Spaziergängers auf anderem Feld. Und so die Spur jenes ihm so wertvollen Lebens.

Einen anderen Tag möchte er näher den Wolken zu. Aber nicht an  s i e  denken. Die Äpfel verbrennen ins Rote, noch während sie fallen. Im Baum weißer Flaum. Das Gießwasser riecht nach fauligen Algen. Die Erde wird es filtern. Noch immer ist es schön warm.

Mit 16, so nimmt er an, hatte er seine erste Freundin. Man machte, was man später Petting nannte, cool aneinander reiben. Er war offensichtlich uninteressant. Man war cool gegen ihn? Von ihm gelangweilt, würde er heute sagen.

Jetzt weht es wie Mistral. Das stellt er sich jedenfalls unter diesem Begriff vor. Seine erste Erfahrung, wie man so sagt, war entsprechend spät. Das war wirklich nicht seine Kunst. Wenn Frauen, wie man hört, auch keinen großen Wert darauf legen, so legten sie doch Wert darauf.

Heute wachsen die Sportbuden in den Himmel mit breiten Korridoren ins Seniorenheim. Und die Buchläden versinken im Sand des Alles Egal. Man liest laue Wasser und Wind.

"Die Zeit scheint grenzenlos, alle Anstrengung nutzlos. Über allem liegt ein Gefühl der Vergänglichkeit. Und Liebe und Hass, dieser hellblaue Kreis."... Er legt Virginias Wellen zur Seite.

Australien oder Campingplatz auf Pretty Islands? Mag sie glücklich werden, wenn er nicht genügt. Das Herz stolpert weiter ins Morgen. Er geht mit. Aber besonders neugierig darauf ist er nicht.
*
Im Nachbarhaus bei natürlicher Geburt stürzt ein Baby in die Welt und schreit: "Freedom" Ist das der Redemption Day des Johnny Cash?

Wieviel Freiheit hast Du gelassen? Und wie ist es nun mit dem Tag der Abrechnung? Mit dem Einbruch des Endes in die Ewigkeit? Wirst Du rufen:"Befreie mich von mir! ", " Lass mich! " oder" Halte mich, solange ich noch bin! "?

Der zen-Meister tritt ein und erinnert daran, dass heute Dreck-weg-Tag ist. Den Schluck Single Malt schlägt er nicht ab." Träume nicht von Ewigkeit, solange Du noch etwas in ihr tun kannst! ", ruft er und ist schon wieder draußen.

Der treue Vän wartet schon mit einem Gläschen Roten, Jul Ratman spekuliert im Hintergrund und der Lätsche kommt auch schon angepackt, etwas zu ergattern. Das kann heiter werden!
Hat er das nicht schon einmal erlebt? In Räumen des Wichtig?

*

Und dieser Raum
gefüllt mit Wirklichkeit.
Du bist so fern.

Wie gern
ich Dich hatte,
hab ich nicht gezeigt.

Ich steige in die Erinnerung hinab.
Aber das Licht ist trübe
und Spinnweben greifen ins Haar.

Ach, lasst mich noch einen Augenblick sehnen,
schon steige ich zurück
in den Raum
gefüllt mit Wirklichkeit.

Hinauszugehen,
ich komme
Ihr Treuen.

*

Warum ist er nicht Bäcker statt Clerk geworden? Das geringe Einkommen, die unsichere Arbeitsplatz - Situation, die groben Bosse. Ansonsten sah er keinen prinzipiellen Unterschied darin, immer wieder die gleiche graue Masse an Teig oder Alltagsentschließung zu ansehnlichen Brötchen zu backen.

Heute, nach der Sauerstoffdusche beim Schneiden der Buchs-Hecke gibt es plötzlich dramatische Wolkenbildungen. Aus düsteren, ausgefransten Wolken stechende Sonnenstrahlen. Ein Regenguß durchnässt die Passanten. Hoffnungen ertrinken in Pfützen. Wo sind die Spatzen der Kindheit?

In Tyneside: Was ist so schön an alten Fassaden? Ihm: Alle sind arm. Die Auflösung der Gesellschaft in Haß-Tribale ist noch nicht begonnen. Es gibt noch die Möglichkeit von Interesse an dem Menschen, der unter dieser schrägen Mütze, unter diesem formverlorenen Kleid steckt. Kinder haben wohl mehr Hoffnung, Alte etwas mehr Zuspruch. Es ist vielleicht nur tröstliche Einbildung. Aber auch als solche: Sie hilft.

Und er spürt den sanften starken Druck und Zug an seinen Beinen. Die Flut der von Einsamkeit geborenen Sehnsucht hat all seine ästhetischen und ethischen Vorbehalte erreicht. Und unmerkliche Liebe reißt ihn aus den abgesicherten Vorsätzen des Ich.

You say vanity,
It's Your little room of eternity.
And Marianne sings
It's nothing
But love
More or less.

So the end is near,
Listen: the wings of the hour,
See the beauty in the mirror
Of the moment.

And feel the old and new
You under that skin
Of shivering doubt.

Er öffnet die Augen. Draußen schwimmen Wolken aus dem Blau ins Blau.

Klaus Wachowski 18.9.15

7.9.15

RAUM

Und dieser Raum
gefüllt mit Wirklichkeit.
Du bist so fern.

Wie gern
ich Dich hatte,
hab ich nicht gezeigt.

Ich steige in die Erinnerung hinab.
Aber das Licht ist trübe
und Spinnweben greifen ins Haar.

Ach, lasst mich noch einen Augenblick sehnen,
schon steige ich zurück
in den Raum
gefüllt mit Wirklichkeit.

Hinauszugehen,
zuvor noch einmal die Augen schließen,
ich komme schon,
Ihr Treuen.

14.7.15

Simulation

Und während ich so simuliere und weine und tausend schöne Erinnerungen mich in ein verlorenes Glück heben, mich in tausend Abgründe der Einsamkeit, nein, des heftigsten Verlusts zu stürzen, fächelt ein sanfter Wind aus Märchenzeiten aus den Blättern meines treuen Apfelbaums, und der Sommer umarmt mich mit einem weichen Abend.

Du brauchst Dich nicht anzustrengen. Ich weiß schon, dass die Welt es wert ist. Aber ich kann nicht, noch nicht wieder, folgen. Es heilt an der Wunde Liebe. Doch ist auch noch der Schmerz.

Schwere dunkle Regenwolken kommen von den Bergen.

Komm wir ziehen das Kanu an Land und stellen uns dort unter die Hütte. Du blühst auf im Abenteuer Erwartung.

So war es. Und es war gut. Ach hättest Du einen Augenblick für Erinnerung gehabt!

Aus dem Apfelbaum das Versprechen der Welt. Ich lege meine Hand an Deinen Stamm. Ich freue mich mit Dir über den Regen.

6.6.15

Windows of Ioneliness

Windows of Ioneliness,
Windows of pain
God says: wait for a moment.
I'II be with you,
But please wait for a Iittle moment.

Doors of freedom,
Cages of Iove and freedom,
Tears.

You say: there is hope,
Your tears say: hope.
And Ioneliness becomes desire
And hope.

"Thank You",
the man on the cross might think.

2.6.15

Beim Putzen

Ich glaube, ich habe das Thema schon einmal über eine Notiz gesetzt. Heute ist ein anderer Tag. Während die Reinigungsmilch in den Abfluss fließt, zeigen sich auf dem Wolkengrau erste Lichtflecken. Meine Gefühle ziehen nach Moldau, wo gerade mein Glück umher fährt. Unter heißer Sonne.

Diese Art von Schwammtüchern war vor vierzig Jahren eine zauberhafte Erfindung. Die jungen Besitzer des "Aqua" wischten damals in träumerischer Abwesenheit ("cool" sein wollte damals nur die brutale Fraktion der Jugend, die noch nicht wusste, welcher Gewalt sie sich andienen sollte) jeden Fleck von den orangenen Oberflächen.

Wohin sind die Freunde? Mit einem hatte ich eine enttäuschende Wiederbegegnung. Ich war inzwischen therapeutisch neu aufgebaut und wollte den alten Freund begeistert über das Wiedersehen umarmen. Er hatte gerade eine Vorstellung hinter sich, war ebenso aufgeblasen, nur in die - andere - Richtung Applaus. Und begegnete mir überrascht und unterkühlt. Ich ging, schwer enttäuscht. Den anderen Freund hatte ich meinerseits vor einigen Jahrzehnten vor den Kopf gestoßen.

Die Welt, die wir erobern oder als Träumer bewohnen wollten, ist schon lange durch andere abgelöst worden, in der uns andere Freunde begegneten. Und nur Wenige haben einen ähnlichen Weg durch das Dickicht der Hoffnungen und Enttäuschungen genommen, nur Wenige haben einander nicht aus den Augen verloren. Aber Treue zur alten Hoffnung 68 scheint als Tabu das Aufflackern alter Freundschaft zu schützen. Wo nicht eine begeisternde Erinnerung an die guten alten Zeiten eine Wiederbegegnung begleitet, tritt schreckliche Ernüchterung über das verräterische Gegenüber ein: Man begegnet dem leibhaftigen Spießer in Freundesgestalt. -

So habe ich einen vom orthodoxen Kommunismus zur Abtreibungsgegnerschaft gekommenen Freund kalt liegen lassen. Oder hat er sich von sich aus nicht mehr gemeldet? Meinen lustigen Underground und Bluesclub mit Bier und Kartenspiel habe ich selbst aus Scham verlassen, als ich nicht von der Bundeswehr desertierte. Wie spöttisch wurde ich für meine kurzen Haare in der Nürnberger Disco taxiert und isoliert! Und im Augenblick mache ich keinen Versuch, ein verunglücktes Vertrauen um der Freundschaft willen wieder herzustellen. Ein anderer, um dessen Freundschaft ich mich hätte bemühen wollen, geht isoliert im Mitleid der Stadtbewohner durch die Einsamkeit eines brutal erfolgten Schlaganfalls. Einen verließ ich fluchtartig und für ihn unbegreiflich, weil ich meine hohen Erwartungen an Freundschaft selbst nicht erfüllen konnte. Ich kann es nicht aufklären, er ist gestorben. Verrat ist ein starkes Wort. Auch ich habe Vertrauen verraten.

Jetzt stehe ich am Fenster, meine Gedanken ziehen durch einen von Erinnerungen und Sehnsucht grünenden Nachmittag. Ich wische mit dem Schmutzradierer, dieser zauberhaften Erfindung der letzten Jahre, über von Fett und sonstigem Schmutz klebende seriösfarbene Oberflächen und freue mich an ihrer Verwandlung, Rückverwandlung.

Ich bin doch kein Reinheitsfanatiker! Aber wenn ich erst mal ins Putzen gekommen bin, wird mein Perfektionswahn aktiv. Da könnte man es nochmal mit dem Zahnstocher probieren, wie wäre hier mit irgendeiner ätzenden Substanz? Will ich die Spüle in ihrem reinen Wesen erstrahlen sehen? Wäre auch okay. Es hilft mir aus dem Flattern der Projekte auf den Boden der Phantasie. Dort steht bereit, was ich mir gönne. Ein Espresso, ein Zigarillo zum Andenken an Cuba (bitte nicht mit dem Zigarro des Gazprom-Kanzlers verwechseln!).

Wie schön es glänzt!

Wiederherstellung von Lebensumfeld in froher Erwartung von bewohnbare Freiheit? Ich denke, etwas in der Art. Eine gute Gelegenheit, sich guter Erinnerung zu versichern.
*
Seltsam: Viele glückliche Zustände beginnen im Deutschen mit den Buchstaben Fr. : Freiheit, Freundschaft, Frieden, Freude.  Freedom und friendship, zwei davon sind neben der Gleichheit verfassungswert gewesen. Aber da sind auch die Fremde und das Fressen. Pech für mystische Sprach Deutungen. Irgendwie frustig wie Väterchen Frost. Dann eben nochmal mit dem Schwamm drüber, oder mit dem Schmutzradierer.

2.6.2015

10.5.15

Wichtig


Niemand  muss es teilen
Wirf es weg, Du hast wichtigeres zu tun als zu lesen.
Als ich nach einem wichtigen Tag in das Sofa zurück sinke, fällt mein Blick auf ein rot gedeckten Dach unter blauem Himmel. Im Himmel zieht eine Wolke, vor dem Haus bewegen sich die hellgrünen frischen Frühlingsblätter im Wind.
Wie alt bin ich? Ich weiß nicht, was wichtig.
Ich sehe einen freudlosen Garten. Die Blumen rufen: wie schön ich bin! Die Bäume werfen Blüten ins schmutzig-feuchte Egal. Die Dame des Hauses ruft: sehen Sie meine schönen Blumen! Man schafft mit kreischendem Motor an einem wichtigen, wichtigen Projekt.
Zurück zum roten Dach. Was ist das für ein Frieden, der sich in mich senkt? Hinter dem Blau des Himmels dehnt sich das Schwarz der Unendlichkeit aus. In dieser winzigen Ecke und Sekunde des Alles darf ich leben und - sehn.
Im Rot des Daches all die eingebrannte Freude des tätig sein, verändern dürfen. Darunter die Anwesenheit des Menschen. Ich bin nicht allein. -
Im Zug der Wolke die Stetigkeit im Veränderlichen. Darunter der kreisende Raubvogel. Darunter das unspektakuläre Lied des Gartensängers. Anwesenheit in der Vielfalt.
Und der Baum hat wieder seine Blätter entfaltet. Sie trinken Luft und sie leiten den Regen aus dem Tränenvorhang, der sich plötzlich vor die Zukunft senkte, hinab zu den Wurzeln.
Ich stehe auf, Wichtiges zu tun.

12.4.15

Ins Schöne? Warum?

Man wird vergeßlich, erinnert nicht mehr, was so bedeutsam ist an wichtig, hat in der Freude so ein Gefühl von unanständig.

Dr. Warnix, Psychagog und Mitglied im Club der Biederschreiber macht sich da keine Gedanken. Der Himmel ist blau, die weißen Wölkchen schwimmen lustig durch eine seltsame Vorfreude, Blumen, Büsche und Bäume pressen ihre Blätter hinaus, das
Licht leuchtet in ersten Tulpenblättern. Was noch?

Tschernila, tschernila, Mütterchen kommt vom Frömmeln. Heute Mittag gibt's Pelmeni aus Klangschalen. Jesus ist auferstanden und die Sonne leuchtet aus Gottes Gnade, jedenfalls hell und warm wie ein kaukasischer Zwiebelturm. Sie erinnert sich in eine alte Sehnsucht zurück, die Sehnsucht vor dem Einbruch der Liebe in die Liebe. Der Psychagog legt es als eine Vorahnung der Lust aus. Sie glaubt ihm nicht. Ihr sind die duftenden Wiesen des April, Mai ein eigener Wert. Inzwischen lieber als die drückenden Versprechen des Sommers. Sie legt das Gesangbuch vom Augsburger Bekenntnis auf den Rollator und läßt sich auf den Schemel sinken. Der Gesang der Meißen flicht sich durch die Saiten ihrer Freude.

Er ist tot. Manchmal konnte sie an seiner Seite träumen. Wichtiger war, daß er da war. Wohl zu selten hatten sie einander an der Hand gehalten. Sie erinnert den Umstand, aber das Gefühl: wie war es? Es war ein anderer, gefüllter Friede. Es wurde nicht viel gesprochen, aber es waren Stimme und Stimme. Sie wischt die Klangschale mit dem ausgeprägten blauen Lappen aus. Ist es nicht der aus der Schürze des Mädchens?

Gott winkt vom Friedhof herüber. Ein bißchen jesusverliebt und menschenscheu, die Alte, mein lieber Herr Doktor. Aber heute nehme ich ihr nicht mein Licht.
Warnix versteht nicht. Wie kann man nur so einen glauben? Das Licht kommt doch - Urschrei hin, schwarzes Loch her - nicht von einem Geist, sondern aus diesem Klumpen Sonne. Eigentlich gehört der Mann ins Klapszentrum. Aber im Stillen gibt auch der Psychagog zu: Für das Was, das da als Energie sichtbar wird, hat er auch keinen Namen. Da ist doch noch ein gewisser beunruhigender Zweifel im Zweifel.
Mütterchen freut sich und salzt ihre Pelmeni. Eigentlich war es  s e i n Lieblingsesssen. Der Frühling summt seltsam in einer Klangschale.

Da, Tschernila. Dem Samowaren brummt das Herz.

12.4.15

17.3.15

Neuer Tag

Und jeden Morgen steht ein neuer Tag vor Dir,
Und jeden Morgen gleichermaßen rätselhaft.

Du packst ihn grob,
Legst Dich hinein,
Mit einem Schlachtbeil schlägst Du in sein Fleisch.

Du scharrst in seiner Haut nach Schätzen,
Du kratzt aus seinen Saiten Melodien,
Ein Haus baust Du in seine offnen Arme.

Dann geht das Wunder unter,
Und durch die Nacht jagst Du
nach einem neuen Nichts.

2.7.13 Klaus Wachowski

6.3.15

Dunkel noch



Dunkel scheinen noch knorriger Stamm
und knorrige Äste.
Hell aber greift schon Licht des Frühlings
zwischen die Büschel der feingliedrigen Zweige.
Ein Nest erwartet tief in der Krone
neuer Bewohner frohen Gesang.

Unten beschwingt schwingt die Tasche
Abteilungsleiter Borderline.
denn gewiß ist Herrschaft
unterm Taubenschiß.

Hell aber greift schon Licht des Frühlings
in die dunkel tauenden Wasser der Liebe.
Und Freundschaft wohnt wieder bei Menschen.

06.03.2015 Klaus Wachowski