Das
Haus
Auch
ich wollte ein Haus in der Ewigkeit. Da steht es auf fließendem Sand.
Ich
versuchte die Türen mit Schlössern zu schützen. Ihr habt sie geöffnet - von Innen.
Liebe
und Ego gingen darüber hin. Nun sind die Ziegel verwittert, die Wände grau und
ich habe vergessen, wo ich den Schlüssel versteckte.
Aber
sieh das nachgedunkelte Bild im Flur. Es zeigt Euch fröhlich auf der Liebe
unserer Sonntage, fröhlich auch hinaus springend, Euch umschauend nach neuen
Wegen zum eigenen Horizont.
Nun,
es muss erneuert werden. Die Bilder von den Wänden, ein neues Sofa und digital,
was geht. Die neuen Frühlinge aus sauberen Scheiben zu grüßen, künftige Winter
leichter zu bestehen. Aber die Bilder kommen wieder an die Wände, Eure Stimmen
schwirren weiter durch den Traum.
Es ist nicht alles Pegida. Da ist
auch Menschlichkeit unter Menschen. Und sie haben Telefonleitungen in die
Ewigkeit gelegt, Fahrzeuge gebaut, uns auf leichte Weise wieder zu
begegnen.
Das
Haus ist schon nicht mehr im Lot. Wir müssen da nichts vererben. Ihr werdet
eigene Bauten errichten. Aber während der Sand schon in die unteren Räume
rieselt, lassen wir die Saugroboter surren, leeren wir die Spuren der Ewigkeit
in den Kompost des Heute. Bewahrend, was Erinnerung hält:
Die Freude an Euch,
die
Dankbarkeit für all dies.
9.10.2016
*
Heute
höre ich den Frühlingsvogel vielleicht zum letzten Mal in diesem Abschnitt der
Ewigkeit. Ich ziehe an einen anderen Ort. Er singt Hoffnung. Ich höre
Erinnerung.
Es
ist schwer, den Raum wieder zu erweitern, nachdem der Verlust ihn in eine tiefe
Nacht tauchte. Aber der Frühlingsvogel singt. Und ist es auch "nur
Erinnerung", so spüre ich doch, wie das Herz sich weitet. Auch an dem
anderen Ort muss ein Frühling sein. Auch an dem anderen Ort müssen
Futterhäuschen an Bäumen hängen. Ich will sie füllen mit den Sonnenblumenkernen
der Hoffnung. Es gibt zur Zeit 20% auf alles. Ich erwarte den Himmel neu.
Und
aus dem Frühlingsvogel singt die Liebe neu, und der Schmerz versinkt in einer
Flut aus hoffnungsvoller Liebe. Wir nehmen die Bilder mit. Sie zeigen an neuen
Wänden in die alten Weiten.
Im
Kapitel 14 seines Buches“ Treibsand“ denkt Henning Mankell anlässlich seines
bevor stehenden Endes unter anderem darüber nach, wie rückwärts orientiert der
Versuch ist, Atommüll vor den Augen der künftigen Generationen in
unterirdischen Höhlen zu verbergen. Die Entwicklung der Vernunft war stets mit
dem Aufleuchten der Sonne verknüpft, aber „diese unsere Zivilisation, die es
weiter gebracht hat als alle früheren hochentwickelten Gesellschaften, hinterlässt
eine letzte Erinnerung, die nur aus Dunkelheit besteht“. – Wie das weiter
schwatzende Denken nach 45 die Erinnerung an die Ungeheuerlichkeiten aus den Schwelbränden
der Ideologien unter den Schwemmsanden der Abwiegelung. Vergesst nicht!
Auch
an unserem neuen Ort fließt der Treibsand der Ewigkeit ins Vergessen. Das Licht
wird erlöschen. Aber da Nichts nicht war: warum soll Nichts je sein? So schauen
wir beruhigt und froh aus glücklicher Erinnerung in die Weiten, getragen vom
Gesang der plötzlich einschwirrenden Frühlingsvögel.
10.10.2016