Birds 2013

Birds 2013
smatritje neba

10.1.16

Das Haus



Das Haus
Auch ich wollte ein Haus in der Ewigkeit. Da steht es auf fließendem Sand.
Ich versuchte die Türen mit Schlössern zu schützen. Ihr habt sie geöffnet -  von Innen.
Liebe und Ego gingen darüber hin. Nun sind die Ziegel verwittert, die Wände grau und ich habe vergessen, wo ich den Schlüssel versteckte.
Aber sieh das nachgedunkelte Bild im Flur. Es zeigt Euch fröhlich auf der Liebe unserer Sonntage, fröhlich auch hinaus springend, Euch umschauend nach neuen Wegen zum eigenen Horizont.
Nun, es muss erneuert werden. Die Bilder von den Wänden, ein neues Sofa und digital, was geht. Die neuen Frühlinge aus sauberen Scheiben zu grüßen, künftige Winter leichter zu bestehen. Aber die Bilder kommen wieder an die Wände, Eure Stimmen schwirren weiter durch den Traum.
Es ist nicht alles Pegida. Da ist auch Menschlichkeit unter Menschen. Und sie haben Telefonleitungen in die Ewigkeit gelegt, Fahrzeuge gebaut, uns auf leichte Weise wieder zu begegnen. 
Das Haus ist schon nicht mehr im Lot. Wir müssen da nichts vererben. Ihr werdet eigene Bauten errichten. Aber während der Sand schon in die unteren Räume rieselt, lassen wir die Saugroboter surren, leeren wir die Spuren der Ewigkeit in den Kompost des Heute. Bewahrend, was Erinnerung hält:
Die Freude an Euch,
die Dankbarkeit für all dies.
9.10.2016
*
Heute höre ich den Frühlingsvogel vielleicht zum letzten Mal in diesem Abschnitt der Ewigkeit. Ich ziehe an einen anderen Ort. Er singt Hoffnung. Ich höre Erinnerung.
Es ist schwer, den Raum wieder zu erweitern, nachdem der Verlust ihn in eine tiefe Nacht tauchte. Aber der Frühlingsvogel singt. Und ist es auch "nur Erinnerung", so spüre ich doch, wie das Herz sich weitet. Auch an dem anderen Ort muss ein Frühling sein. Auch an dem anderen Ort müssen Futterhäuschen an Bäumen hängen. Ich will sie füllen mit den Sonnenblumenkernen der Hoffnung. Es gibt zur Zeit 20% auf alles. Ich erwarte den Himmel neu.
Und aus dem Frühlingsvogel singt die Liebe neu, und der Schmerz versinkt in einer Flut aus hoffnungsvoller Liebe. Wir nehmen die Bilder mit. Sie zeigen an neuen Wänden in die alten Weiten.
Im Kapitel 14 seines Buches“ Treibsand“ denkt Henning Mankell anlässlich seines bevor stehenden Endes unter anderem darüber nach, wie rückwärts orientiert der Versuch ist, Atommüll vor den Augen der künftigen Generationen in unterirdischen Höhlen zu verbergen. Die Entwicklung der Vernunft war stets mit dem Aufleuchten der Sonne verknüpft, aber „diese unsere Zivilisation, die es weiter gebracht hat als alle früheren hochentwickelten Gesellschaften, hinterlässt eine letzte Erinnerung, die nur aus Dunkelheit besteht“. – Wie das weiter schwatzende Denken nach 45 die Erinnerung an die Ungeheuerlichkeiten aus den Schwelbränden der Ideologien unter den Schwemmsanden der Abwiegelung. Vergesst nicht!
Auch an unserem neuen Ort fließt der Treibsand der Ewigkeit ins Vergessen. Das Licht wird erlöschen. Aber da Nichts nicht war: warum soll Nichts je sein? So schauen wir beruhigt und froh aus glücklicher Erinnerung in die Weiten, getragen vom Gesang der plötzlich einschwirrenden Frühlingsvögel.

10.10.2016